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Im letzten Bericht habe ich von „Lommerzheim“, der berühmtesten nicht-touristischen Kölner Kneipe erzählt. Nun möchte ich zum Kontrast von der touristischen Mekka der Stadt berichten, dem „Früh“ Brauhaus. Wobei die Kneipe, auch wenn sie sehr „touristisch“ ist, trotzdem ihre authentischen Züge nicht eingebüßt hat. 🙂 Hier gibt es viele interessante Dinge, und ich werde mit Vergnügen davon erzählen.

In dieser Brauerei, wie auch in sonstigen Kölner Brauhäusern, gibt es nur eine Sorte Kölsch – in diesem Fall eben „Früh“. Diese Sorte ist nicht so herb wie Päffgen oder Gaffel – sondern ist eher weich und süßlich. Ein kaltes frisches Früh läßt sich sehr gut trinken, besonders wenn es gerade aus dem Faß kommt.

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Der Name der Brauerei hat nichts mit der Zeit zu tun (also mit dem Wort «früh»), auch wenn sie beim Bier nur so verfliegt. 😀

„Früh“ ist der Name des Inhabers, Peter Josef Früh. Im Jahre 1905 baute er am Dom die Brauerei „Cölner Hofbräu P. Josef Früh“, wo er sein Kölsch braute und verkaufte. Herr Früh war ein geschickter Marketingspezialist: denn obwohl es in Köln niemals einen König (und auch keinen königlichen Hof) gab, heißt es „Hofbräu“. Es gab hier nur die Bauten, die dem Kölner Erzbischof gehörten, und im 13. Jahrhundert lebten hier die Angehörigen des Hofes des Herzogs von Brabant eine Weile lang. Deswegen hieß die Straße, an der „Früh“ gebaut wurde, „Am Hof“. Ich glaube, diese Charakteristik hat der Popularität des Bieres nicht geschadet, im Gegenteil.

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Lange zeit war „Früh“ eine Brauerei, d.h., man braute das Bier im Keller. Im Jahre 1987 wurde die Produktion in den Kölner Stadteil Fühlingen überführt, und so wurde Früh bloß ein Brauhaus mit Faßbier, und die Keller wurden als Brauhauskeller für Besucher eingerichtet. Von anderen Kölner Brauern unterscheidet sich Früh in der Hinsicht, dass sie am intensivsten Werbung machen, auch weit außerhalb von Köln. Im Gegensatz zu Päffgen kann man Früh auch in Flaschen kaufen. Allerdings ist die Brauerei erst an dritter Stelle, was Produktionsvolumen angeht. An zweiter Stelle ist Gaffel und an erster Reissdorf.

Bald wurden drei Nachbarhäuser an die Brauerei angeschlossen. Nun hat sie etwa 1400 Plätze, wenn man den Sommerbiergarten unter Sonnenschirmen dazu zählt.

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Sienerzeit versuchte Peter Früh sehr, das Aussehen eines typischen Kölner Brauhauses zu rekonstruieren. Sehen wir mal, was denn davon typisch ist!

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Gleich nach dem Eingang betreten wir einen schmalen Korridor, die „Schwemme“ (auch „Schenke“ genannt). Der Mann links steht dort, wo im Mittelalter Henker, Goldgräber, Schlachter usw. ihr Bier tranken – Gesindel also, das nicht in die vornehme Herrenstube hinein durfte. 🙂 Aber von hier kann man gut die Arbeit der Köbesse und Zappesse betrachten!

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Rechts sind die Bierzapfer, „Zappesse“, die Bier in 0,2 Liter-Gläser zapfen. Die Kellner in typischen blauen Kitteln, sogenannten Köbesse, stellen Kölsch in runde Untersteller, Kölsch-Kränze und tragen es aus. Der Zappes links scheint es nicht zu gefallen, dass  die Geheimnisse seines Handwerks preisgegeben werden.

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Hier, seitlich des Flurs ist das eigentliche Hauptrestaurant. Die Wände sind mit dunkler Holzvertäfelung versehen, das Licht ist gedimmt. Links befindet sich eine Kabine, die typisch für große Kölner Brauhäuser ist. Jetzt aber findet man sie nur noch selten vor.

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Diese Kabine nennt sich der „Beichtstuhl“. Idealerweise sollte sie sowohl zum Hauptsaal, als auch zur Schwemme offen sein, um die Bierausgabe zu kontrollieren. Speziell dieser Beichtstuhl hat aber eine Mauer dazwischen, und so bleibt er nur noch zur Dekoration. Früher saß dort der Brauer oder seine Frau, beaufsichtigte alles und gab den Köbessen wertvolle Waren für die Besucher aus, etwa Schnäppse oder Zigarren.

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Noch mehr Säle von „Früh“. Dies ist der „Wappensaal“: an den Wänden hängen die Wappen der Kölner Zünfte.

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Der „Wintergarten“ heißt so, weil er früher ein riesiges Glasdach hatte.

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Hier ist eine Kreuzung: man kann entweder andere Säle besuchen, oder in den Keller hinabsteigen.

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Es gibt in „Früh“ noch solche Säle wie die „Glockenstube“. Er wurde erst 1989 eröffnet und sieht eher wie ein Cafe aus – hat aber eine Brauhauskarte.

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Die Sicht vom oberen Stockwerk der „Glockenstube“ in den Keller…

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…und auf die Straße.

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Wir aber gehen in den Keller. Jetzt ist hier noch wenig los. Und so kann man gut erkennen, wie Bierfäßer aus dem Kühlraum zum Zappes transportiert werden: über ein Schienensystem.

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So werden große Fäßer befördert. Ein kleines Faß, das „Pittermännchen“ (ca. 10 Liter) kann man als Gesellschaft einfach auf den Tisch bestellen und selbst zapfen.

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Das Faß fährt über den Tresen, an dem der Köbes sich langweilt…

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…und landet auf einer speziellen Plattform, die geneigt ist, damit das ganze Bier rausfließen kann.

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Auch werden hier solche Hausschnäppse angeboten.

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Jetzt ist im Keller wenig los, aber im Winter und zu Karneval ist er oft rappelvoll.

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So trug der Köbes das Kölsch früher: in der Hand.

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Auch kann man im Keller sehen, wie die Köche arbeiten. Diese beiden haben eine Pause eingelegt und reden.

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Andere sind schwer beschäftigt.

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Gleich daneben gibt es noch den „Römerkeller“. Hier findet man auch den alten Brunnen, der früher das Wichtigste für Bierbrauer war. Jetzt sitzen bevorzugt die Touristen um ihn herum.

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Man kann auch die Reste einer römischen Mauer sowie die alte Ausrüstung der Brauerei bestaunen.

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In der Galerie unter dem Gewölbe des Römerkellers kann man sehr bequem sitzen und das eine oder andere Gläßchen Kölsch trinken, wenn z.B. draußen das Wetter schlecht ist.

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Was mir an „Früh“ gefällt, ist seine Atmosphäre, Sauberkeit, Schnelligkeit der Köbesse sowie typisch Kölsche Küche. Und auch seine Familientradition: die Brauerei gehört inzwischen der 5. Generation der Familie Früh.  Was weniger gefällt, sind die bissigen Touri-Preise: ein Kölsch kostet bei „Früh“ 1,80 Euro.

Früh Hofbrauerei, Am Hof 12 – 18, 50667 Köln Google Maps