Während dieser Reise nach Strasbourg sind meine stereotypen Vorurteile zusammengebrochen. Und ich habe nicht vor, dies wieder zu ändern! 🙂 Das ethnographische Museum für elsässische Landeskunde ist keine Aufeinanderreihung von Zimmern voller verstaubten Vitrinen, wo ausgestopfte Vögel der Region Seite an Seite mit Spinnstöcken und Scherben altertümlichen Geschirrs hausen, und wo die Ausstellung unweigerlich mit Ölgemälden von Landschaften ortsansässiger Maler abschließt.
Das Museum hat uns derart beeindruckt, dass wir sogar ein paar begeisterte Fiepser im Gästebuch zurückließen. Und ich habe vor lauter Begeisterung vergessen, das Gebäude von außen zu fotografieren.
Dieses Museum zeigt die Wohnkultur der elsässischen Bauern, hauptsächlich in der Periode zwischen 1750 und 1860. Ganz interessant ist die Geschichte dieses Museums: er wurde durch die „Welle des Patriotismus“ ermöglicht. Während Elsass von Deutschland annektiert war, machten sich die hiesigen Maler und Schriftsteller Sorgen um den Verlust ihrer nationaler Identität.
Daher wurde 1902 die „Gesellschaft des Elsässischen Museums“ gegründet. Die Finanzierung wurde komplett durch private Spenden abgedeckt. 1904 wurde ein Haus im Stadtzentrum von Strasbourg zum Ausstellen der Sammlung gekauft; das Museum selbst wurde drei Jahre später eröffnet. Daraufhin beschlossen die deutschen Behörden, dass dies zu weit gehe, und stellten das Haus samt seinen Exponaten zur Versteigerung aus. Ich weiß nicht genau, wie die Stadtverwaltung von Strasbourg es geschafft hat, es im Jahre 1918 zurückzukaufen – doch sie schaffte es immerhin. Wahrscheinlich hatte die deutsche Regierung in diesem Jahr Wichtigeres zu tun. Das alles ist kurz auf einer Andenktafel vermerkt.
Das Museum blüht, gedeiht und erfreut das Auge. Inzwischen nimmt es ganze drei Häuser ein. Seinerzeit reisten Enthusiasten durch die Dörfer und sammelten viele Exponate, weswegen eine umfangreiche Sammlung aufgehäuft wurde. Und sie ist unglaublich liebevoll zusammengestellt!
Die Häuserfassaden blicken auf den Alten Zoll, wo früher der Hafen von Strasbourg war.
Über einen langen Flur gelangen wir in den sehr romantischen Innenhof. Solche Häuser mit inneren Galerien und Durchgängen wurden in Strasbourg Anfang des 17. Jahrhunderts gebaut.
Der erste Saal des Museums erzählt von den Besonderheiten der Baukunst von Bauernhäusern. Das sind typische Fachwerkhäuser, die drei Seiten eines Rechtecks bilden. Links ist das Wohnhaus, in der Tiefe der Kornspeicher, an den Seiten des Hofes liegen der Pferdestahl, der Kuhstall und der Schweinestall.
Gebaut wurde ein Fachwerkhaus aus Materialien, die man so gerade hatte. Das Fundament wurde aus Sandstein angelegt. Auf dem Fundament wurde ein Skelett aus Holzbalken zusammengezimmert.
Die Zwischenräume wurden mit Holzgeflecht sowie einer Mischung aus Lehm, Sand, Stroh und Wasser aufgefüllt.
Die Dächer wurden mit Dachziegeln gedeckt, die wegen ihrer Form den komischen Namen „Biberschwanz“ tragen.
Gleich am Giebel wurden besondere, mit verschiedenen Motiven geschmückte „Glücksdachziegel“ angebracht, um Unglück vom Haus abzuweisen.
Danach wurden die mit Lehm gefüllten Zwischenräume von außen bunt verputzt, oft wurden dort etliche Verzierungen gemalt und Wünsche niedergeschrieben.
Am meisten fürchtete man sich vor einem Brand. Hier steht „Die Arbeit ist des Menschen Pflicht, der Träge hat den Segen Gottes nicht. Dieses Haus ist in Gottes Hand, bewahre ihn vor Feuer und Brand, und das ganze Vaterland“.
Blumen in einer Vase stehen für Reichtum und Wohlstand.
Granatäpfel und Weintrauben stehen für Fruchtbarkeit, ein Herz steht für elterliche und eheliche Liebe, ein Paar Tauben steht für den Bund der Ehe, der nur vom Tod geschieden werden kann.
„Gott, bewahre das Haus, Eingang und Ausgang!“
Und das hier ist so eine lustige Fratze unter der Traufe. Wohl auch ein Glücksbringer.
Im nächsten Вeitrag erzähle ich von der typischen Struktur eines elsässischen Hauses, von geschnitzten Möbelstücken und von Küchen von der Sorte „Bitte alles einpacken, ich nehme’s gleich mit!“
Danke, liebe Frau Yaskovskaya, für diese wunderbare und informative Seite! Ich wohne jenseits des Rheins nur 20 km von Straßburg entfernt und bin ein großer Liebhaber dieser Stadt. Besser und ansprechender, als Sie das tun, könnte man dieses schöne Museum nicht beschreiben. Vielen Dank dafür von Manuela Bijanfar
Liebe Frau Bijanfar, vielen Dank für Ihre warme Worte!
Entschuldigung, dass ich später antworte – ich war unterwegs.
Ich mag dieses Museum sehr, hoffe, es mal wieder zu besuchen, wie auch Straßburg selbst!
Beste Grüße,
Elza
Ihre Seite ist bei mir gespeichert und immer präsent. Ich wünsche Ihnen, dass Sie bald mal wieder nach Straßburg reisen können. Liebe Grüße aus Oberkirch von Manuela Bijanfar