Noch vor unserer zweiten Reise nach Kuba im Januar 2010 haben wir im Internet einen interessanten Ort in der Nähe von Varadero entdeckt: ein ehemaliges Heilbad-Hotel El gran hotel Balneario de San Miguel de los Baños, oder, etwas einfacher: San Miguel de los Baños.
Und da wir ein nicht so ganz schönes Strandwetter hatten, bestellten wir eines Tages ein Taxi (1927er Ford) und fuhren los.
Nur 48 km südlich von Varadero, und die Kette von eleganten Hotels ist zu Ende, der kubanische Alltag beginnt.
Je weiter ins Landesinnere, desto öfter sind revolutionäre Sprüche anzutreffen.
Die Stadt Cardenas: die Einwohner langweilen sich, das Bauernvolk ackert.
Auf der Stadtausfahrt zeigte uns der Taxifahrer ein Denkmal, das Stadtsymbol von Cardenas – ein Fahrrad. Sieht so aus, als wäre es dort eines der wichtigsten Verkehrsmittel.
Nach einiger Zeit sind wir schon im Kurstädchen San Miguel und fahren direkt zu unserem Reiseziel – dem Kurhotel Balneario de San Miguel de los Baños. Eine bequeme Auffahrtallee führt zu ihm, und vor dem Eingang hockt einsam ein Baumstumpf. Das Gebäude ist dem Grand Casino in Monte Carlo ähnlich – wenigstens würde das Casino nach 60 Jahren langer Verödung so aussehen.
Die Geschichte des Kurhotels ist traurig. Anfang des XX Jahrhunderts hat man in der Gegend viele an Bicarbonat und Magnesium reiche Quellen entdeckt und mit dem Bau eines grossen Kurhotels begonnen. Es wurde 1930 eröffnet.
Wohlhabende Leute aus Kuba und USA kamen hierher, um Heilbäder zu nehmen und das fürs Verdauungssystem nützliche Heilwasser zu trinken. Die Stadt florierte. Aber einige Jahre vor der Revolution vergiftete die lokale Rohrzuckerfabrik die Wassequellen mit Industieabfällen, und das Hotel musste vorläufig geschlossen werden.
Nichts ist beständiger, als das Vorläufige. Das Hotel wurde nie wieder eröffnet, und die Stadt verebbte allmählich. Wir biegen um die Ecke des Hotels und steigen in den Garten herab. Aus den Fenstern ist er immer noch ein schöner Anblick, aber niemand außer den seltenen Touristen bewundert ihn.
Diese Treppe kamen die Kurgäste zu den Quellen herunter: wegen der Wasserqualität nannte man sie einst „Amerikanische Vichy“.
Man passierte eine etwas komische Brücke.
Es gab mehrerer Pavillons im Garten, eines davon ist relativ gut erhalten.
Von den anderen blieb nur der Zugang zu den Quellen übrig. Jede Quelle hatte ihren eigenen Namen: „La Salud“, „El Tigre“, „El Hierro“, „La Magnesia“ und „Los Nervios“ – „Gesundheit“, „Tiger“, „Eisen“, „Маgnesium“, „Nerven“. 🙂
Die Heilquellen sind wohl schon längst verstopft.
Die Pavillons sind mit hübschen Dekorationssteinen belegt. Von den Ornamenten ist sogar noch etwas erhaltengeblieben. In unserer Gegenwart mühten sich lässig neben dem noch bestehendem Pavillon ein paar Arbeiter mit irgendwelchen Bauarbeiten ab. Wahrscheinlich versucht jemand, hier etwas zu restaurieren. Aber dem Hauptgebäude merkt das nicht an.
Wir kehren in das Hotel zurück.
An manchen Stellen sind noch Dekorelemente erhaltengeblieben.
Räume für Heilbäder.
Das Kurlaboratorium
Zerrüttung und Verödung überall.
Plotzlich kam ein Bursche in einer Schutzkleidung auf uns zu und sagte, dass es gefährlich ist, hier zu sein. Ja-ja, – antworteten wir und kletterten eine Etage höher.
Die sterblichen Überreste eines Musikinstruments.
Nachdem wir uns satt herumgeschlendert hatten, gingen wir hinaus.
Die Natur ist wirklich bezaubernd!
Wir nahmen Abschied vom Phantomhotel und fuhren noch eine Runde durch die Stadt. In den Vorgärten stehen obligatorische Jose Martí-Büsten.
Auf den Strassen sind lauter amerikanische Oldtimer zu sehen.
Die Stadt besteht unter anderem aus Villas und Häusern m Kolonialstil, alle in diversen Stadien der Zerstörung. Viele wurden seinerzeit speziell für die Kurgäste gebaut.
Und im Internet erinnern sich Menschen an diese Stadt, die je in San Miguel waren:
„Hier wurde meine Mutter geboren“
„Hier habe ich zum ersten Mal geküsst“,
„Auf diesem Kurort erholten sich oft meine Eltern, als ich ein kleines Kind war.“
Es ist erstaunlich, das zu lesen, nachdem ich selbst dort gewesen bin. Und ausserdem haben wir den Berg Jacan nicht weit von San Miguel bestiegen. Das ist aber eine andere Geschichte.
Schreibe einen Kommentar