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Der Abstieg vom Berg, auf dem der Botanische Garten liegt, führte uns zum ältesten Friedhof von Wellington, Bolon Street Cemetery. Wer keine Friedhöfe mag, kann diesen Bericht ruhig überspringen; dabei eröffnen sich jedoch von dort oben tolle Aussichten, und auch der Friedhof selbst hat keine störenden Zäune oder Palissaden. Man läuft dem Weg entlang und erfährt die Geschichte der ersten neuseeländischen Siedler.

Am Eingang steht ein monumentales Denkmal an Sir Richard Seddon (1845-1906). Jetzt weiß ich gar nicht mehr, warum wir es nicht ganz fotografiert haben – vermutlich vor lauter Aufregung. Seddon ist ein sehr interessanter Charakter: als er 16 Jahre alt war, verließ er England und zog nach Australien. Dort war er Goldgräber, wurde reich, ging in die Politik und wurde dann zum Premierminister von Neuseeland für die liberale Partei. Dieses Amt bekleidete er eine rekordverdächtige Zeit lang, ganze 13 Jahre. Während seiner Amtszeit erhielten die neuseeländischen Frauen als erste in den derzeit unabhängigen Ländern der Welt das Recht bekommen, zu wählen. Wobei Seddon dagegen war.
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Und das ist ein Denkmal an einen anderen Staatsmenschen, Henry Edmund Holland (1868–1933). Er war von 1918 bis 1933 Anführer der Labour-Party von Neuseeland.

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Das Denkmal am Grab von William Flyger. Geboren ist er 1817 in England, gestorben 1861. Früher war ein anderes Denkmal auf seinem Grab, doch 1919 wurde er durch eine Marmorkopie der Freiheitsstatue ersetzt.

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Und das ist sie, die Freiheitsstatue. Jetzt sieht sie eher wie ein handelsüblicher Friedhofsengel aus. Der Arm mit der Fakel und die Krone sind abhandengekommen, als das Grab wegen dem Straßenbau in den 70er Jahren des 20. Jahrhunderts verlegt wurde. So steht sie nun mit nur einem Arm da. Über den Bau der Schnellstraße, die den Friedhof entzwei teilte, erzähle ich etwas weiter unten.

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Wir steigen weiter über einen von Fichtennadeln bestreuten Weg hinab und genießen die Aussichten.

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Die Kolonialhäuser sind fast so alt wie der Friedhof, der 1840 angelegt wurde.

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Der Friedhof von Bolton Street war für alle Umsiedler geplant, mit getrennten Bereichen für die Juden und die Anglikaner, sowie mit einem „öffentlichen“ Teil. Die Katholiken hatten einen eigenen Friedhof im Nachbarstadteil. Bereits 1892 wurde der Bolton Street Friedhof geschlossen, weil er zu klein wurde.

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Frühe Gräber waren aus Holz und hatten hölzerne Palissaden. Davon ist kaum etwas erhalten geblieben, ganz im Gegensatz zu solch pompösen Monumenten.

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Ein Teil der erhaltenen Holzpalissade auf einem der Gräber.

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Der jüdische Teil des Friedhofs. Er ist sehr klein und hat gerade mal 45 Gräber.

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Auch dieser Grabstein wurde vor dem Bau der Schnellstraße verlegt; vermutlich wurde er dann auch beschädigt. Ich hatte schon erwähnt, dass der Friedhof 1892 geschlossen wurde, doch  Angehörige durften die Familiengräber weiterhin für Beerdigungen nutzen.

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Es gibt auch Tafeln mit historischen Informationen.

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Familiengräber.

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Es geht runter vom Berg.

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Eine bescheidene Inschrift „Mutter“ auf dem Grab einer gewissen Catherine Wilson.

IMG_2387.jpgCatherine Wilson wurde 1837 in der irischen Stadt Kells geboren. Vermutlich immigrierte ihre Familie während des Großen Hungers, der Irland 1845-49 anheimsuchte. Damals hatte Kells 38 Prozent seiner Bevölkerung eingebüßt. Zusammen mit ihr sind ihre zwei Töchter begraben, die sie mit 38 und 39 Jahren bekommen hatte. Damals starben viele Kinder im Säuglingsalter. Immerhin ist Catherine 90 Jahre alt geworden. Wer weiß schon, ob sie noch weitere Kinder oder Enkelkinder hatte, die ihr diese Tafel widmeten? Unten steht noch „abundantly satisfied“ – ein Zitat aus einem biblischen Psalm.

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Noch ein verlegter Grabstein.

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Hier stehen die Grabsteine so nahe aneinandergereiht, weil auch sie verlegt wurden.

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Die Sicht auf den Hügel herauf.

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Die Familie Tonks mit einem untypischen Grabmal aus rotem Granit.

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Ein paar Familiengeschichten. Ein Paar aus Schottland: er aus Glasgow, sie von den Shetland-Inseln.

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Hier passt das ganze Leben hinein: Frau, Kinder, zweite Ehe, Kinder aus zweiter Ehe.

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Ein Grabstein mit überaus origineller Form.

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Diese Familie verlor fünf ihrer Kinder an Diphtherie im Frühling 1861. Die Mutter wurde indes 90 Jahre alt. Damals starb man zumeist an Tuberkulosis oder ertrank; Kinder wurden von Epidemien heimgesucht.

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Irgendwann bemerkten wir einen hiesigen Vogel, den Tui. Er kann, genau wie Papageie, die menschliche Sprache imitieren und gilt als sehr intelligent. Dieser aber war mucksmäuschenstill, als wir ihn sahen.

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Ein Grabstein eines Immigranten aus China.

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Diese Betonrampe führt zur Brücke über der Schnellstraße. Nachdem wir darüber stiegen, kamen wir in den zweiten Teil des Friedhofs.

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Etwa 3700 Gräber mussten wegen dem Bau der Schnellstraße zwischen 1967 und 1978 verlegt werden. Die Überreste der ersten Siedler wurden in einen Massengrab am Fuße des Hügels zusammengelegt, wovon eine Informationstafel zeugt. Die Grabsteine wurden nach oben, auf den Hügel verlegt, wo wir sie auch sahen. Damals gab es sehr viele Anwohnerproteste, doch die Schnellstraße wurde trotzdem gebaut. Doch es regte zum Nachdenken nach, und die ganze Situation um den Straßenbau und Grabverlegungen zwang die Stadt dazu, sich um den Erhalt von historischen Denkmälern Gedanken zu machen.

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Neben dem Massengrab mit den Überresten der ersten Bewohnern von Wellington steht das Holzhaus des Ministranten. Er gilt als das älteste erhaltene Haus von Wellington und wurde 1857 erbaut.

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1885 wurde ein Anbau drangebaut, was der Symmetrie indes abträglich war. Jetzt gehört das Haus dem Stadtrat.

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Das ist eine Kopie der Friedhofskirche. Das Original wurde 1866 erbaut und 1969 abgerissen.

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Hier endet unser Spaziergang über den Friedhof, und die Stadt rückt nah. Euphorisch gingen wir weiter, denn vor uns lag ein besonders spannendes Gebäude. Von diesem Haus erzähle ich dann nächstes Mal.

Nützliche Links:

Adresse: Bolton Street Memorial Park, Bolton Street, Wellington 6011 Google Maps